Trink nicht immer dasselbe.

Falls euch aktuell in der Kazmairstraße so ein Typ mit schwarzer Mütze und Maske vor der Nase ins Auge sticht: Keine Angst! Der raubt euch nicht aus, der dealt mit gutem Wein und feinem Soulfood. Letzteres gibt es in Jolandas Vinothek jetzt übrigens auch to go. Meine Heißer-Sommer-Abend-Traumkombination ist ja folgende: ein eiskaltes Glas Champagner und dazu ein Tartar-Sandwich auf die Hand. Pures Glück. Wer mich genauer kennt, weiß, dass ich ein großer Champagner-Verfechter bin, und finde, dass die Leute viel zu wenig Champagner trinken. Champagner geht immer. Aber immer nur Champagner? Das wär auch langweilig.  Warum? Das erkläre ich euch im 5. Teil der Serie „Wie man richtig Wein trinkt“. Also: 

Grundsatz 5: Trink nicht immer dasselbe!

Mit den Gewohnheiten ist das so eine Sache. Eigentlich sind sie ja ganz nett. Man hat es bequem mit ihnen und es gibt keine bösen Überraschungen. Wer immer an denselben Strand in Italien in den Urlaub fährt, der weiß, was ihn dort erwartet und kann demzufolge auch nicht enttäuscht werden. Ganz anders verhält es sich, wenn man dann doch einmal woanders hin verreist. Statt Erholung gibt es erstmal nur Aufregung. Welches Ticket braucht man eigentlich für die Metro? Ist das Lokal wirklich gut oder nur eine Touristenfalle? Um wie viel Uhr muss man aufstehen, um sich die besten Plätze am Pool zu sichern… Probleme über Probleme. Psychologen sehen übrigens den sogenannten Glückszwang als Hauptursache für Stress im Urlaub an. Der Urlaub muss eben unter allen Umständen perfekt sein. Ich glaube, viele Menschen leiden auch beim Weintrinken unter einem Glückszwang. Statt immer mal wieder etwas Neues  auszuprobieren, halten sie an Bewährtem fest. Statt auch mal einen Aglianico zu probieren, muss es dann doch lieber der vertraute Brunello sein. Zu tief sitzt das Misstrauen. Was, wenn mir der Aglianico nicht schmeckt? Dann ist das schöne Geld, dass ich dafür ausgebe, futsch.

Und was, wenn dir der Wein doch schmeckt?

Wer in seinem Leben nicht immer wieder Platz für Neues schafft, der ist in meinen Augen innerlich tot. Etwa, wenn jemand sagt, dass er nur Rotwein trinke. Warum? Man kann doch auch nicht sein Leben lang nur Steak essen. Irgendwann hat man doch auch Lust auf ein geiles Gulasch. Oder eine tagelang gekochte Bolognese. 

Früher habe ich auch bestimmte Weine kategorisch ausgeschlossen oder auf sie herabgeschaut. Syrah zum Beispiel. Oder Orange Wine. Über den habe ich richtig schön hergelästert. Und heute? Habe ich dazugelernt und habe sogar den einen oder anderen Orange Wine auf der Jolanda-Karte. Klar gibt es auch bei mir immer noch Weine, bei denen es nicht klick macht. Aber das heißt für mich nicht, dass ich die Traube oder den Winzer nie mehr auf der Zunge haben will. Also Leute, bleibt neugierig und offen. Nicht nur beim Weintrinken. Wenn ich daran denke, dass ich früher sogar den Champagner gar nicht so sehr gemocht habe, weil er mir zu sauer war… Was bin ich froh, dass ich ihn dennoch immer mal wieder probiert habe. Und hoffentlich hat der Fred schon das Tatar durchgezogen. Ich glaube, ich muss mal eben wieder eine Portion Glück genießen. 

 

Vertraue beim Wein trinken deinem eigenen Geschmack .

Ist das da wirklich Licht am Ende des Tunnels? Wenn alles glatt läuft, sehen wir uns schon bald in Jolandas Vinothek wieder. Und wir werden alles dafür tun, dass alles glatt läuft, und ihr bei uns sicher seid und trotzdem Spaß habt. (Stellt euch bitte gedanklich an dieser Stelle einen sehr tiefen Seufzer der Erleichterung vor!) Ich sage auch hier nochmal Danke an alle, die mich und unsere Nachbarn mit dem Kauf unserer Retterwein-Pakete in den letzten Wochen unterstützt haben. Ihr wart klasse! Und ich hoffe, die Weine waren es auch. Da ich aber auch immer wieder merke, wie Wein Leute auch verunsichern kann, geht es nun weiter mit meinen Grundsätzen, wie man richtig Wein trinkt. Und der vierte lautet:

Grundsatz 4: Vertraue deinem eigenen Geschmack!

Geschmack ist nichts, was uns angeboren wird. In unserem Geschmack spiegelt sich vielmehr alles, was wir erlebt und erfahren haben. Wer nie eine sonnenreife Stachelbeere gegessen hat, wird sich schwer tun, diesen Geschmack in einem Wein wiederzufinden. Steckt da Stachelbeere drin, kann man das mögen oder es ist einem erstmal fremd und ungewohnt. Es ist normal, dass man bestimmte Geschmacksnoten nicht mag oder mit ihnen fremdelt. Es kann auch sein, dass man sie nicht verträgt. Ich zum Beispiel komme mit dem hohen Säuregehalt in klassischen Rieslingen nicht so gut klar. Also trinke ich sie eher selten. Wenn ich gegen Knoblauch allergisch wäre, würde ich mir ja auch nicht jeden Tag trotzdem einen Döner mit allem reinhauen. Aus demselben Grund, aus dem wir nicht alle dieselbe Musik toll finden oder die gleichen Klamotten tragen, trinken wir alle auch andere Weine gerne. Das ist normal. Das heißt aber nicht, dass sich Geschmack nicht entwickeln oder verändern kann. In Jolandas Vinothek versuche ich daher mit Absicht euch nicht immer den Wein zu geben, der euch sowieso schmeckt, sondern euren Gaumen auch immer mal wieder zum Nachdenken anzuregen. Doch über das Thema Geschmacksbildung schreibe ich beim nächsten Mal ausführlicher.

Thomas Hertlein im Interview

Hallo Thomas, aus deiner Weinwirtschaft im Westend ist nun nach zwei Monaten Umbauzeit Jolandas Vinothek geworden. Warum?

Ich habe gemerkt, dass die meisten Gäste – glücklicherweise – wegen der Weine zu uns gekommen sind und oftmals jedoch keine Lust hatten, gleich ein ganzes Menü zum Wein zu essen. Genau darauf war die Weinwirtschaft aber ausgelegt. Mit Jolandas Vinothek machen wir Schluss mit Fine Dining und rücken stattdessen den Wein wieder absolut in den Vordergrund.

Aber satt wird man schon noch in Jolandas Vinothek?

Klar. Wer mag, kann sich wie früher durch Vorspeise, Hauptgericht und Dessert essen und beliebig viele Zwischengänge einbauen. Einige Gerichte bieten wir in kleinen und großen Portionen an. Aber das Menü ist wie früher eben kein Muss mehr.

Hat sich eure Küche mit Jolandas Vinothek verändert?

Wir bieten in Zukunft vor allem mehr Gemüsegerichte an, weil die Gäste das immer stärker nachfragen. Ansonsten kochen wir, was der Markt gerade so hergibt. Beliebte Klassiker wie unser Rindertatar stehen immer noch auf unserer Speisekarte. Wirklich neu ist unser Mittagstisch. Auch hier gibt’s vor allem Gemüsiges.

Und welche Weine erwarten die Gäste in Jolandas Vinothek?

In den letzten Jahren hat sich meine Einstellung zum Thema Wein ja noch einmal ziemlich verändert. Das spiegeln auch unsere Weinkarten wieder. Man kann für guten Wein richtig viel Geld ausgeben. Man muss es aber nicht, um dennoch Spaß zu haben und gute Sachen zu trinken. Früher bin ich eine Zeitlang nur noch berühmten Weinen hinterhergejagt. Die hatten meist viele Punkte bei den wichtigen Weinbewertern und waren entsprechend teuer. Irgendwann hatte ich jedoch das Gefühl, dass ich immer das Gleiche trinke. Ich glaube, dass ist ein bisschen so, als würde man jeden Tag in einem Sternerestaurant essen. Das funktioniert auf Dauer nicht. Ich habe damals bewusst angefangen, wieder ganz andere, auch einfachere Sachen zu trinken, und mich nicht mehr nur von Bewertungen treiben zu lassen. Weintrinken sollte in meinen Augen nichts Elitäres sein.

Du sprachst von mehreren Weinkarten in Jolandas Vinothek. Wie unterscheiden sich diese?

Wir haben zum einen eine Karte mit sehr vielen offenen und bezahlbaren Weinen für jedermann. Wir bieten über 30 Weine offen an, so dass unsere Gäste an einem Abend richtig viel probieren können. Das geht los bei 5 Euro fürs Glas. Man findet auf dieser Karte aber auch schon den einen oder anderen großen Wein offen. Da kann das Glas durchaus 20 Euro kosten. Das ist viel Geld, aber ich möchte, dass die Gäste bei uns die Möglichkeit haben, auch mal einen Wein zu probieren, von dem sie vielleicht schonmal gehört haben und auf den sie neugierig sind, ohne dass sie gleich über 100 Euro für eine ganze Flasche ausgeben müssen. Unsere zweite Weinkarte richtet sich an Weinkenner und -experten mit einem entsprechenden Preisniveau. Und wem diese Karte immer noch nicht reicht, der fragt einfach bei mir, was es sonst noch alles im Keller gibt. Wir haben das Angebot bei den Weinen bewusst auseinanderdividiert, um die Leute in Jolandas Vinothek nicht gleich am Anfang mit Weinen zu verschrecken, die ein paar hundert Euro kosten. Wer Lust auf eine Weinschorle hat, ist uns genauso willkommen wie der Latour-Trinker. Und wir machen übrigens eine wirklich gute Weinschorle.

Wer dein früheres Lokal, die Blaue Donau kennt, wird in Jolandas Vinothek das eine oder andere Deko-Objekt wiedererkennen…

Das ist richtig. Im Grunde genommen gehen wir mit Jolandas Vinothek auch wieder mehr zurück zu den Wurzeln. Guter Wein, gutes Essen, gute Musik in einem gemütlichen Wohnzimmer. Also jedenfalls das, was ich mir unter einem gemütlichen Wohnzimmer vorstelle, mit Kronleuchtern, riesigen Bildern an der Wand und mit Buddha- und König-Ludwig-Büsten im Regal. Wir haben jetzt nach dem Umbau endlich auch wieder den Schall im Griff, so dass sich die Leute am Tisch wieder in Ruhe unterhalten können… Wenn man so will, ist Jolandas Vinothek hinsichtlich der Atmosphäre und des Angebots eine modernere Variante der Blauen Donau. Hoffentlich gefällt es den Leuten.

Warum du dir keinen Wein aufschwatzen lassen solltest .

Wenn jemand sagt, dass er nicht so gern Wein trinkt, kann das verschiedene Ursachen haben. Vielleicht hat derjenige einfach noch keinen eigenen Weingeschmack entwickelt. Vielleicht interessiert sich derjenige generell nicht so für geschmackliche Dinge. Womöglich liegt es jedoch an der falschen Einstellung gegenüber dem Wein. Wenn es um Wein geht, erwarten alle immer, dass die Flasche geöffnet wird, der Wein ins Glas eingeschenkt wird und dann ein Wunder in der Nase und auf der Zunge passiert. Das kann passieren, muss aber nicht. Wenn ich gefragt werde, wie man richtig Wein trinkt, gibt es für mich 10 Grundsätze, die ich nach und nach in Jolandas Blog vorstellen werde. Für den 1. und 2. Grundsatz folge den Links. Der dritte lautet:

Grundsatz 3: Lass dir keinen Wein aufschwatzen. (Nicht einmal von mir!)

Ich hatte ja schon in Teil 1 dieser Serie gesagt, dass es gut ist, dass wir nicht alle denselben Geschmack haben. In der Weinwelt, die furchtbar hierarchisiert ist, fällt das gerne mal unter den Tisch. Wenn ein bekannter amerikanischer Weinkritiker einen Wein mit 100 Punkten auszeichnet, stürzt sich alle Welt darauf. 100 Punkte! Mehr geht auf seiner Skala nicht. Also wenn der Wein nicht gut ist!? Ich erlebe das auch häufig, wenn Firmenrunden bei mir im Lokal sind. Findet der Chef den Wein gut, loben ihn auch alle anderen am Tisch. Dabei ist das ein Schmarrn. Klar können Meinungen von anderen Leuten und Bewertungen von Experten hilfreich sein, sich in der Weinwelt zurechtzufinden. Du solltest jedoch niemals aufhören, in dich selbst hineinzuhorchen, um herauszufinden, was dir persönlich schmeckt und guttut. Also, lass dir von niemandem einen Wein aufschwatzen. Nicht einmal von mir. Klar lege ich für meine Weine die Hand ins Feuer. Ich weiß aber eben auch, dass sie nicht automatisch bei jedem funktionieren.

Warum Wein niemals gleich schmeckt.

Wenn jemand sagt, dass er nicht so gern Wein trinkt, kann das verschiedene Ursachen haben. Vielleicht hat derjenige einfach noch keinen eigenen Weingeschmack entwickelt. Vielleicht interessiert sich derjenige generell nicht so für geschmackliche Dinge. Womöglich liegt es jedoch an der falschen Einstellung gegenüber dem Wein. Wenn es um Wein geht, erwarten alle immer, dass die Flasche geöffnet wird, der Wein ins Glas eingeschenkt wird und dann ein Wunder in der Nase und auf der Zunge passiert. Das kann passieren, muss aber nicht. Wenn ich gefragt werde, wie man richtig Wein trinkt, gibt es für mich 10 Grundsätze, die ich nach und nach in Jolandas Blog vorstellen werde. Nach dem 1. Grundsatz lautet der zweite:

Grundsatz 2: Wein schmeckt niemals gleich.

Ich weiß, dass dieser Grundsatz erstmal ein bisschen komisch klingt. Aber vielleicht verstehst du mit folgendem Gleichnis besser, was ich meine: Wein ist wie Sex. Dieselben zwei Personen, dasselbe Bett und dennoch ist es jedes Mal anders. Das Wein nicht schmeckt, hat sehr oft mit einer überzogenen Erwartungshaltung zu tun, die jemand gegenüber dem Wein hat. Davor kann ich nur warnen. Selbst bei einem Wein, den du magst, solltest du niemals davon ausgehen, dass er immer gleich gut schmeckt. 

Ich kenne viele Menschen, die endlich einen Lieblingswein gefunden haben und dann machen sie davon die zweite oder dritte Flasche auf und dann ist der Wein plötzlich kein Lieblingswein mehr, sondern nur noch öde. Das ist leider normal. Denk an den Sex! Geile Weinerlebnisse lassen sich nicht auf Knopfdruck wiederholen. Entweder bist du nicht in Form für den Wein oder aber der Wein ist wirklich ein bisschen anders, obwohl es sich um denselben Jahrgang vom selben Winzer handelt. Das passiert. Mein Tipp an dich: Je geringer die Erwartungen sind, mit denen du an einen Wein herangehst, desto geringer ist auch die Möglichkeit enttäuscht zu werden.